Gedenkelement Germanwings Flug 4U9525
24.03.2015
Geladener internationaler künstlerischer Wettbewerb
Prads-Haute-Bléone/Le Vernet, Frankreich, 2016

Erinnerungen, Gedanken, Wünsche

Die Katastrophe von Flug 4U9025 in den französischen Alpen, die in so krassem Gegensatz zur Schönheit der landschaftlichen Umgebung steht, ist weder rational noch emotional begreifbar. Es scheint auch, als könne keine künstlerisch-gestalterische Geste eine angemessene Antwort auf das Ausmaß der Katastrophe geben. Der Ort sollte daher aus unserer Sicht in seiner Form weitestgehend erhalten bleiben. Ziel für uns war es daher, den Eingriff so minimal wie möglich zu gestalten. In erster Linie sollte es darum gehen, den Angehörigen die Möglichkeit zu geben, an dem Ort etwas Persönliches zu hinterlassen.

Die kleinen Skulpturen aus aufeinandergeschichteten Steinen, die von Besuchern und Angehörigen auf dem Weg und an der Absturzstelle errichtet worden sind, gaben uns einen Hinweis für einen Umgang mit dem Ort.

Die Steinschichtungen sind als konstruktive, schöpferische Tätigkeit zu verstehen, die sich der einfachsten, in der Umgebung vorhandenen Mittel bedient. Die Gedanken, die in die Skulpturen eingebracht worden sind, sind deutlich spürbar. Zugleich fordern sie in Anbetracht der Aufgabe, ein Gedenkelement an der Absturzstelle von Flug 4U9025 zu entwickeln, zu hoher gestalterischer Zurückhaltung auf.

Die an der Absturzstelle errichtete Skulptur entsteht durch das schlichte Stapeln von Erinnerungsbehältern zu einer Gesamtstruktur. Zum zweiten Jahrestag der Katastrophe werden die Schatullen in Le Vernet auf langen Tischen ausgelegt. Die Angehörigen haben die Möglichkeit, Ihre Gedanken, Wünsche und Grüße an die Toten in die Schatullen einzubringen, sie zu verschließen und zu versiegeln.
Die 149 Schatullen aus golden eloxiertem Aluminium werden an der Absturzstelle zu einer Struktur von 6 Metern Höhe gestapelt, die Erinnerungsstücke somit dauerhaft mit dem Ort verbunden.
Bildlich betrachtet generiert sich das Gedenkelement also aus den Gedanken und Wünschen der Angehörigen an die Opfer. Dieses Vorgehen ermöglicht eine maximale Einbindung der Angehörigen in den Schaffensprozess und erzeugt zugleich eine emotionale Bindung und eine Aneignung des Gedenkelements durch die Angehörigen.

Ausgehend von einem Briefformat ist die Form der Beigaben auf die innere Dimension der Schatulle limitiert. Durch das schlichte Stapeln der Schatullen reduziert sich die gestalterische Geste auf das Geringste.
Die Fügung folgt dem Prinzip eines minimalen Versatzes, mitunter auch einer leichten Drehung, um die einzelnen Schatullen auch auf größere Distanz ablesbar zu machen.

Die lineare Form des Stapels verhindert eine Überformung der Absturzstelle. Großmaßstäblich und auf die Distanz des Aussichtspunktes lässt sich das Gedenkelement als Markierung verstehen.

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